FAQ Kinderrad:
Wachstum und Wechsel des Fahrrads
Inhalt:
gebrauchtes
Rad
Kauf -
Regeln zum Kauf eines neuen Kinderrads
Kosten
eines Kinderrads
Mädchenrad
Nutzungsdauer
Stellgrößen: Sattelstütze,
Vorbau
Wachstum, Anpassung an
Zum Thema auf anderen Seiten der FAQ:
Wechsel
zum 20"-Rad
Wechsel zum 24"-Rad
55 Wie lange kann ein Kinderrad von
einem Kind benutzt werden? Wann ist es herausgewachsen ?
In vielen Fällen muss das Kind erst hineinwachsen! Kinderräder
werden häufig zu früh gekauft und zu schnell gewechselt. Hersteller bieten gerne
Kinderräder mit einer sehr kleinen niedrigsten Sitzhöhe an, um das größere -
sprich: teurere - Fahrrad vorzeitig an das Kind zu bringen. Sie entsprechen
damit dem Ehrgeiz der Kinder, für die "größer" mit besser und leistungsfähiger
übersetzt wird. Die tiefstmögliche Sattelposition sollte nicht
benutzt werden, wenn beim Fahren die Arme zu hoch liegen und die
Oberschenkel weit hochgerissen werden müssen.
56 Unser Sohn möchte ein größeres Fahrrad haben. Ich
kann das nicht einsehen. Die Sattelstütze lässt sich jedenfalls noch
weiter herausziehen.
Forschen Sie nach der Ursache der
Unzufriedenheit:
1. Lässt sich der Vorbau ausreichend lang herausziehen?
Hängen die Arme weit herunter? In diesen Fall könnte ein neuer Vorbau oder ein
anderer Lenker helfen.
2. Hat Ihr Sohn ein größeres Fahrrad ausprobiert, so
fragen Sie nach, was er daran gut fand. Hinweise auf eine weniger agile
Fahrweise sollten Sie ernst nehmen, besonders, wenn er zunehmend auf der
Fahrbahn fährt oder längere Strecken zurücklegt.
3. Liegen Schäden am Fahrrad
vor?
4. Es gibt auch weniger rationale Gründe: ist es die falsche Farbe?
Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung - für die das Fahrrad verantwortlich
gemacht wird?
Kinder haben einen eingebauten Größenwahnsinn. Zurückstehen
oder Außenseiter sein möchten sie auch nicht.
Ein Kompromiss: verschiedene
Teile werden gegen attraktivere ausgetauscht. Dazu gehören verschleißfreudige
(Griffe, Sattel, Pedale) oder stark wachstumabhängige Teile (Vorbau).
57 Das neu zu kaufende Rad
soll sich dem Wachstum des Kindes ausreichend lange anpassen. Worauf muss ich
beim Kauf achten?
Die Sattelstütze sollte sich sehr lang (150mm)
herausziehen lassen, genauso wie der Vorbau (100mm). Markierung
beachten! Wird das Fahrrad aus freien Stücken vom Kind sehr lange benutzt,
ist der Austausch des Vorbaus (länger und länger ausladend) angebracht.
Siehe auch: Vorbau an Spielrad
Normalerweise wird das Rad dem Kind nach spätestens 2 Jahre leid sein. Kinder
entwickeln sich nicht nur körperlich, sondern auch mental. Bedürfnisse ändern
sich.
Wenn das Kind so groß ist, dass bereits beim Kauf die tiefstmögliche
Sitzpostion nicht "genutzt" werden kann, ist das nicht unbedingt ein
ökonomischer Nachteil - vorausgesetzt, die Sattelstütze ist lang genug.
58 Das Mountainbike unseres Jungen hat einen sogenannten
A-Head-Set. Der Vorbau läßt sich also nicht nach oben verstellen. Welche
Folgen hat das für die Sitzposition?
Wenn das MTB lediglich 2 Jahre von
einem Kind benutzt wird, wird es keine gravierende Folgen geben. Ansonsten müsste
der Vorbau ausgewechselt werden: steiler und weit ausladender (130mm).
Verstellbare A-Head-Sets haben häufig die Eigenschaft, sich bei zunehmender
Einstellung nach vorne sich gleichzeitig nach unten zu bewegen. Unerwünscht -
aber leicht zu ändern: man dreht sie einfach auf den Kopf.
Ohne Wechsel des
Vorbaus wird die Sitzposition nach vorne gekippt - und die Sitzlänge erweitert:
asynchrone Verstellung der Sitzposition. Über eine längere Wachstumphase
ist sie nur akzeptabel, wenn der Einsatzzweck gewandelt wird: von der Straße zum
Sportgerät im Gelände. [1]
59 Ich habe
gelesen, dass ein stärker geneigtes Sitzrohr die Sitzlänge mit zunehmenden
Größe "mitwachsen" lässt. Warum gibt es so selten entsprechende Modelle?
Weil es fast nichts bringt. Die unterschiedlichen Verstellmöglichkeiten vorne
(Lenker und Vorbau) bieten wesentlich mehr Sitzlängenänderung als der
geometrische Effekt eines Sitzrohrwinkels, der ein paar Grad niedriger ist als
normal.
Der Ratschlag beruht auf unklare Bestimmung der Ausgangposition und
einer falschen Messung: die Unfähigkeit, entsprechend der Sattelstütze vorne
ausreichend Höhe zuzulegen, geht teilweise als positiver ! Wert für die
Sitzlänge ein. Auch mit üblichen Sitzrohrwinkel lassen sich auf diese Weise
hervorragende Werte erzielen. Siehe vorherige Frage: asynchrone
Verstellung
60 Was müßte sich alles
fahrradmäßig ändern, wenn der kleine Radfahrer wächst?
Sitzhöhe in
Richtung Sattelrohr, Kurbellänge, Griffpositon in Höhe, Länge und Breite,
Änderung der Lastverteilung nach hinten. Außerdem findet eine Verlängerung des
Radstandes gemäß höherer Geschwindigkeit und zunehmenden Gebrauchs von
Fahrbahnen/Radwegen nicht statt. Das Fahrrad wandelt sich für den kleinen Fahrer
von einem recht schweren Gerät zunehmend zu einem quirligen leichter
beherrschbaren Fahrzeug.
61 Was sind
"mitwachsene" Kinderräder?
"Mitwachsene" Kinderräder gibt es
nicht. Die Anpassung an das Wachstum beschränkt sich auf einfache Veränderungen
der Sitzposition - Veränderungen, die nie großartige Schwierigkeiten gemacht
haben: Sitzhöhe und Sitzlänge. Selbsternannte "mitwachsene" Kinderrä sind schlicht überdehnt.
Es ist
sehr sinnvoll, wenn die Sitzposition hinten und - vorne ! - weit
verstellbar ist: Kinder werden sich rechtzeitig melden, wenn ihnen das Fahrrad
zu klein geworden ist. Problematisch sind dagegen Kinderräder, die nach unten
überdehnt sind: sie sind zu groß und zu schwer für kleine Kinder, die sich
mangels Erfahrung nicht dagegen wehren.
62 Die Idee "mitwachsener"
Kinderräder ist sehr populär. Warum haben sie sich nicht durchgesetzt?
Der ökonomische Grundgedanke sogenannter "mitwachsener" Kinderräder: mit einer
längeren Nutzungsdauer sollen Eltern der Kauf von Rädern höherer Qualität
schmackhaft gemacht werden. Die Idee funktioniert nicht, denn die anvisierten
Käufer möchten überdehnte Kinderräder, weil ihnen übliche zu teuer vorkommen!
Sie wollen noch mehr sparen. Es fehlt ihnen nicht an Geld. Beim Verkehrsmittel
PKW und wachstumabhängigen Kleidungsstücken werden ganz andere Maßstäbe
angesetzt.
Die Verfechter selbsternannter "mitwachsener" Kinderräder sind
angewiesen, den durchsichtigen Vorwand der angeblichen hohen finanziellen
Belastung dank Wachstum zu bestätigen, anstatt die Bewertung anzuzweifeln.
Selbst ihre ökonomische Berechnung versagt u.a. bei allen Kindern, die mit
Geschwistern aufwachsen. Siehe nächste Frage:
63 Kinderräder sind
teuer, weil Kinder so schnell herauswachsen. Auf welche Weise könnte man sparen?
Hinter dieser Behauptung steht eine falsche ökonomische Berechnung.
Gerechnet wird: "Einkaufspreis/Nutzungszeit". Der richtige Maßstab:
"Wertverlust/gefahrene Kilometer" oder für Sport- und Spielgeräte:
"Wertverlust/gefahrene Stunden". Tatsächlich werden viele gebrauchte Kinderräder
nicht verkauft, sondern verkümmern in Kellern oder werden an Freunde/Verwandte
weitergeleitet: kein Grund, den Einkaufpreis zugrunde zu legen. Vergleicht man
die Fahrzeiten mit der Zeit, die Kinder mit anderen Spielgeräten verbringen, so
fällt die Bilanz in den meisten Fällen recht gut für das Fahrrad aus. Selbst im
Vergleich zum Fahrrad für Erwachsene schneidet das Kinderrad gut ab: der
Großteil aller Alltagsfahrräder befindet sich selten benutzt in Garagen und
Keller.
Ein billiges, reperaturanfälliges und unattraktives Kinderrad wird
weniger gefahren. Anders ausgedrückt: sparen ist teuer! Mama-Taxis belasten
Geldbeutel und Straßen und entziehen dem Kind Verkehrseinübung und
Körperertüchtigung.
64 Wachsen Kinder gleichmäßig
schnell?
Kinder haben regelrechte Wachstumschübe. Im statistischen
Mittel dagegen ist das Wachstum zwischen 4 und 10 Jahren recht gleichmäßig.
66 Brauchen Mädchen besondere
Fahrräder?
Die primären anatomischen Dimensionen unterscheiden sich im
Durchschnitt bis zur Pubertät nicht von denen von Jungen. Die gewünschte
Sitzposition ist außerdem von der Gewohnheit und individuellen Vorlieben
abhängig.
Mädchen fahren normalerweise schonender Rad.
Auswirkungen für die Konstruktion sehe ich nur beim Design: Jungens bevorzugen
ein rabiates Aussehen. Siehe auch: Mountainbike
Es gibt also keinen Grund, ein spezielles Mädchenrad zu kaufen, und
damit das Kind frühzeitig auf ein meist schlechteres "Damenrad" festzulegen.
Ein Kinderrad in "Uni-Sex"-Design ist leichter an Jüngere zu vererben oder zu
verkaufen.
67 Warum sind Kinderräder so
teuer?
Haben Sie mal verglichen, wieviel Geld Sie vergleichsweise für
den PKW ausgeben? Oder für Kleidungsstücke, aus denen Kinder auch herauswachsen?
Kinderräder sind im Gegenteil zu billig. Das Qualitätsniveau von
Kinderrädern leidet vor allem an den niedrigen Preisvorstellungen der Kunden,
das sich irrigerweise an der Größe orientiert.
Kinderräder werden häufiger
gebraucht als ein durchschnittliches Fahrrad von Erwachsenen. Die Kosten pro
zurückgelegter Strecke sind also sehr niedrig.
Billigräder beanspruchen einen
erhöhten Reparaturbedarf, der von den Eltern unterschätzt wird: der Zustand
vieler Kinderräder spricht für sich.
Siehe auch:
Kosten eines Spielrads
68 Ich möchte ein
qualitativ hochwertiges Kinderrad. Allerdings suche ich nach
Einsparmöglichkeiten. Was lässt sich da machen?
Sie können verschiedene
Teile austauschen (z.B. hochwertige Lichtanlage) oder ergänzen (z.B.
verstellbarer Vorbau) und sie für das nächste Rad übernehmen.
69 Die Kinder wachsen so schnell heraus. Genügt nicht ein
gebrauchtes Rad?
Der Wiederverkaufswert eines Kinderrads ist sehr
gering, auch wenn es nur von einem Kind benutzt worden ist. Bei längeren
Gebrauch wird der Wertverlust zunehmend vom Verschleiß bestimmt. Bei mehreren
Kindern lohnt sich deshalb in der Regel der Kauf eines neuen Rads. Dagegen kann
der Erwerb eines gebrauchten Kinderrads (ein Vorbesitzer!) bei einem Einzelkind
sinnvoll sein, vorausgesetzt, das beglückte Kind ist von dem Neuerwerb auch
begeistert.
Für den Bastler ist der Gebrauchtradkauf von Vorteil: er wechselt
alle Teile aus, die entweder verschlissen sind oder schon im Neuzustand eine
Katastrophe darstellen.
Siehe auch:
gebrauchtes Spielrad
70 Was sollte ich beim Kauf unbedingt beachten?
- Fragen Sie Ihr Kind nach seinen Wünschen. Ihre Vorstellungen über das
optimale Rad können noch so ausgefeilt sein: wenn der beglückte Sprössling
keinen Spaß daran hat, können Sie ihre Meinung vergessen.
- Gehen Sie unbedingt in ein Fachgeschäft mit Werkstatt. Schauen Sie nicht
nach Schnäppchen. Ein engagierter Händler macht einen günstigen Preis um
ein mehrfaches wett.
- Informieren Sie sich vorher. Gehen Sie mit klaren Vorstellungen in das
Geschäft. Bedenken Sie, dass die gutgemeinten Ratschlägen von Freunden meist
lediglich auf den Erfahrungen der eigenen Kinderräder beruhen.
- Schauen Sie sich vorher schon mal um, ob eine ausreichende Auswahl
vorhanden ist. Erfüllen die ausgestellten Räder tatsächlich die Kriterien
für ein gutes Kinderrad?
- Nehmen Sie das Kind mit: Kinderräder eignen sich nicht als Überraschung.
- Erkundigen Sie sich über die Versorgung mit Ersatzteilen: Kinderräder
haben manchmal exotische Teile.
- Prüfen Sie, ob Ihr Kind die Handbremse bedienen kann!
- Lassen Sie es auf dem Rad probefahren.
- Veranlassen Sie, daß überflüssige oder unnütze Teile gegen sinnvolle
ausgetauscht werden, z.B. Seitenständer anstatt Stützräder.
Literatur:
[1] "Von unten
nach oben - Teil 2", Ralf Stein-Cadenbach, "Pro Velo" 57/1999
[2] "Von
unten nach oben - Teil 3", Ralf Stein-Cadenbach, "Pro Velo" 58/1999